Die Wikinger

Die ‚Viking‘

Assassin’s Creed:
Valhalla

Die Wikinger: Ein Mythos zwischen Pop- und Erinnerungskultur

Die Wikinger sind in der Popkultur allgegenwärtig. So werden die Meisten einen Wikinger erkennen – etwa an einem Hörnerhelm – oder auch ein Wikingerschiff identifizieren können: Die lang-schmale Form, die Schilde an der Reling, Ruder sowie Segel, oft rot-weiß gestreift, und der an der Vorderseite des Schiffes angebrachte Drachenkopf (am Steven) – das sind die typischen Merkmale. Mit diesen Bildern wird oft die Vorstellung von Entdeckern, Plünderern und Eroberern transportiert, die auf ihren Kriegsschiffen die Welt heimsuchten. Diese Darstellungsweise erzählt jedoch mehr über unsere Geschichtsbilder als über historische Realitäten. Aber woher stammen diese Klischees und wie authentisch sind sie? Darum geht es in dieser Ausstellung, die den Wikingermythos als Marke, als Sehnsuchtsort und als Identitätsstifter darstellt.

Gokstadschiff

Spielplatz

PLAYMOBIL-Wikingerschiff

Gokstadschiff

Das ‚Gokstadschiff‘ wurde 1880 bei Gokstad in Norwegen geborgen. Es war Bestandteil einer besonders aufwändig gestalteten Schiffsbestattung des 9. Jh. n. Chr. Das Schiff besteht aus Holz. Es ist ca. 23,5 m lang und konnte seinerzeit gerudert und gesegelt werden.

Lange Zeit galt das ‚Gokstadschiff‘ als ein typisches Wikingerschiff. Drachenköpfe konnten an den Steven jedoch nicht nachgewiesen werden. Heute sind eine Vielzahl weiterer Schiffsfunde bekannt, die ein facettenreicheres Bild der Wikingerzeit zeigen: So gab es nicht nur Kriegsschiffe, sondern auch Handelsschiffe und kleinere Küstenschiffe, die vermutlich für Transporte und zum Fischfang genutzt wurden.

Das sogenannte Gokstadschiff im ‚Vikingskipshuset‘ in Oslo. | © Museum of Cultural History, University of Oslo, Norway. Photographer: Unknown. Lizenz: CC BY-SA 4.0

Angaben zum Objekt:
Objekt: Gokstadschiff 
Fundort: Gokstad, Norwegen
Standort: Oslo, Norwegen
Material: Holz
Datierung: 9. Jh. n. Chr.

Die ‚Viking‘

Die ‚Viking‘, eine Replik des ‚Gokstadschiffes‘, wurde 1891 in Norwegen erbaut. Die Mannschaft überquerte mit der ‚Viking‘ den Atlantik, um zu beweisen, dass Wikingerschiffe hochseetauglich waren und um Norwegen bei der Weltausstellung in Chicago zu präsentieren.

Auf den ersten Blick ähnelt die Replik dem Original, aber es sind auch mehrere Abweichungen festzustellen: Etwa der mit Drachenkopf verzierte Steven, ein (hier nicht abgebildetes) Vorsegel und das auf Deck aufgestellte Zelt. Diese Elemente sind archäologisch so nicht nachgewiesen – aber wirkt der Nachbau dadurch weniger authentisch?

Die Replik selbst war Vorlage für spätere Darstellungen, etwa für ein Drachenschiff in der Enzyklopädie ‚Nouveau Larousse illustré‘ von 1898 sowie für ein Wikingerschiff in dem Comic ‚Asterix und die Normannen‘ von 1967 [1971]. Beide weisen Ähnlichkeiten mit der ‚Viking‘ auf: Sie haben ein gestreiftes Segel, Schilde an der Reling und einen Tierkopf am Steven. Zudem haben Sie an Deck ein Zelt und ein Vorsegel. Heute existieren eine Reihe weiterer wikingerzeitlicher Schiffsrepliken, die mitunter experimentell-archäologisch genutzt werden, etwa um Fahreigenschaften verstehen zu können.

Die ‚Viking‘, Replik des Gokstadschiffes, bei der Weltausstellung in Chicago 1893.

Angaben zum Objekt:
Objekt: ‚Viking‘
Material: Holz
Datierung: 1891 n. Chr.

PLAYMOBIL-Wikingerschiff

Historische Stereotype sind langlebig. PLAYMOBIL brachte schon 2002 ein ‚Wikingerdrachenschiff' auf den Markt, aber auch im aktuellen Sortiment sind Wikinger und ein Wikingerschiff enthalten: Das Spielzeugschiff ist zwar aus Kunststoff, Gestaltung und Farbe greifen aber eine Holzoptik auf. Offensichtlich dienten die ‚Viking‘ und das ‚Gokstadschiff‘ als Vorbilder.

Auffällig sind die verzierten Steven: Drachenkopf und Schwanz vermitteln den Eindruck eines ‚Drachenschiffes‘. An der Reling sind Schilde angebracht, das Segel ist rot-weiß gestreift –häufige Motive bei der Darstellung wikingerzeitlicher Schiffe. Auf Deck stehen als ‚Wikinger’ zu identifizierende Männer und eine Frau. Und auch dort greift das nächste wirkmächtige Symbol: Der Hörnerhelm, für den sich archäologisch aber kein Nachweis findet.

Ein ‚Wikingerschiff’ von PLAYMOBIL aus dem aktuellen Sortiment (Stand 2020) | © PLAYMOBIL/geobra Brandstätter Stiftung & Co. KG.

Angaben zum Objekt:
Objekt: PLAYMOBIL Wikingerschiff (Artikelnummer 9891)
Material: Kunststoff
Datierung: um 2020 n. Chr.

‚Assassin’s Creed: Valhalla‘

In digitalen Medien stellt die Wikingerzeit ein beliebtes Setting dar, um eine Geschichte zu erzählen.

Eines der neusten PC-Spiele ist ‚Assassin‘s Creed: Valhalla‘ von Ubisoft. Screenshots und Trailer geben einen ersten Eindruck von der hier imaginierten Welt der Wikinger: Es ist eine raue Welt, in der Krieg herrscht und in der Abenteuer erlebt werden können. Das Aussehen der Wikinger lässt Parallelen zu aktuellen TV-Serien vermuten und weicht von älteren Wikingerdarstellungen ab (wie etwa bei Playmobil).

Die Schiffe verfügen aber über die bekannten Symbole – etwa Drachenkopf und angedeuteter Schwanz. Zusätzlich werden aber auch Details wie farbig bemalte Boote, Segel mit Motiven sowie Schnitzereien dargestellt, um eine dichtere Atmosphäre zu erzeugen.

‚Assassin’s Creed: Valhalla‘ – Ubisoft wirbt damit, ein legendärer Wikingerkrieger zu werden. | © 2020 Ubisoft Entertainment. All Rights Reserved. Assassin’s Creed, Ubisoft, and the Ubisoft logo are registered or unregistered trademarks of Ubisoft Entertainment in the US and/or other countries.

Angaben zum Objekt:
Objekt: PC-Spiel Cover zu ‚Assassin’s Creed: Valhalla‘
Material: Digitale Grafik
Datierung: 2020 n. Chr.

Spielplatz

Anders als bei opulent und detailreich inszenierten Wikinger-Games ist die Reduktion auf typische Merkmale für dieses hölzerne Wikingerschiff-Klettergerüst auf einem Spielplatz in Schleswig kennzeichnend.

Interessant ist die Konstruktion hinter dem Mast: Sie ähnelt der auf dem ‚Gokstadschiff‘ gefundenen Grabkammer.

Das Schiff steht nicht zufällig in Schleswig: Die Stadt vermarktet sich als ‚Wikingerstadt‘. Historisch betrachtet war sie keine wikingerzeitliche Stadt, es handelt sich vielmehr um die mittelalterliche Nachfolgersiedlung des wikingerzeitlichen Haithabus, das gegenüber von Schleswig auf der anderen Seite der Schlei lag. Für die heutige Stadt Schleswig waren und sind Wikinger aber identitätsstiftend – erkennbar im Stadtbild und auch im Marketing, wo mal direkte, mal indirekte Bezüge zu den Wikingern hergestellt werden.

Ein Wikingerschiff vor dem Schleswiger Dom – Ein Klettergerüst auf einem Spielplatz. | © T. Schade.

Angaben zum Objekt:
Objekt: Ein Wikingerschiff vor dem Schleswiger Dom – Ein Klettergerüst auf einem Spielplatz
Standort: Schleswig
Material: Holz
Datierung: Unbekannt, Fotografie aus dem Jahr 2020 n. Chr.

Bewegte Dinge?

Obsidian

Marmor

Bewegte Dinge?

Weit entfernte Regionen werden seit Beginn der Menschheitsgeschichte durch Handel miteinander verbunden. Handel ist dabei selten nur einfacher Austausch materieller Güter (Rohstoffe, Nahrung, Werkzeug). Er beinhaltet gleichzeitig den Transfer von Wissen, Praktiken und Technologien (immaterieller Ressourcen). Archäologen, Geographen und Anthropologen können die Komplexität dieser Austauschbeziehungen anhand von Gegenständen nachvollziehen. Die folgenden Objekte aus Wirtschaft, Kultur und Ernährung zeigen welchen Einfluss Handel auf die Entwicklung von gesellschaftlichen Strukturen hat und wie die Mobilität von Gütern und Menschen durch die Zeit verfolgt werden kann.

Zähne

Kupfergusskuchen

Traktoren

Obsidian

Diese Obsidianklingen wurden in einem kleinen Ort am Tigris im Nordirak gefunden. Obsidian ist ein seltenes Vulkanglas, das sich durch rasche Abkühlung aus Lava bildet. Die entdeckten Obsidianklingen stammen vermutlich aus den geologisch jungen vulkanischen Gebieten Anatoliens. Durch eine ausgeklügelte Technik wurde Obsidian bereits vom prähistorischen Menschen in eine Vielzahl von Gebrauchswerkzeuge wie Waffenspitzen, Messer und andere Schneidewerkzeuge, aber auch in Luxusgegenstände verarbeitet. Vor der Erfindung des Metalls war Obsidian das wichtigste Material für die Herstellung von Waffen und Werkzeugen.

Aufgrund seiner glasig-glänzenden Oberfläche ist Obsidian leicht zu identifizieren und wird als Informationsquelle zur Rekonstruktion von prähistorischen Fernhandelswegen genutzt. Im Labor können an Obsidian Analysen durchgeführt werden, die eine geografische Herkunftsbestimmung des Rohmaterials erlauben. Bereits in paläolithischer und neolithischer Zeit reichten die Handelsnetze von Europa bis nach Asien.

Obsidianklingen aus dem Nordirak | © S. Zarifian, EHAS Projekt

Angaben zum Objekt:
Objekt: Obsidianklingen
Material: Obsidian
Datierung: ca. 5000 v. Chr.

Kupfergusskuchen

Kupfergusskuchen stellten während der Bronzezeit (2. Jtd. v. Chr.) ein wertvolles Handelsobjekt dar und gelangten so z.B. nach Anselfingen im Hegau, ca. 20 km westlich des Bodensees. Der Anselfinger Gusskuchen stammte wahrscheinlich aus den Alpen, genauer aus den Ostalpen. Aus noch größerer Entfernung, etwa aus Cornwall in England, musste Zinn angeliefert werden, wenn aus den beiden Metallen hochwertige Bronze legiert und weiterverarbeitet werden sollte. Trotzdem wurden aus dem kostspieligen Werkstoff neben Luxusgütern wie Schmuck zunehmend auch alltägliche Werkzeuge wie Beile oder Sicheln hergestellt, die eine wesentlich effizientere Holzbearbeitung und Ernte erlaubten. Die steigende Nachfrage – auch nach anderen Produkten wie Bernstein und Salz – ließ im Laufe der Bronzezeit den überregionalen Fernhandel aufblühen. Häufig befanden sich die damaligen Siedlungen deshalb an Seen und Flüssen, da gut erreichbare Gegenden als Siedlungsraum besonders gefragt waren.

Bronzezeitliches Kupfergusskuchenfragment | © J. Hald, Kreisarchäologie Konstanz

Angaben zum Bild:
Objekt: Bronzezeitliches Kupfergusskuchenfragment 
Fund: 2016 in Anselfingen (Lkr. Konstanz) bei einer Rettungsgrabung des Landesamtes für Denkmalpflege und der Kreisarchäologie Konstanz
Gewicht: Das Gusskuchenfragment ist fast 2 kg schwer und gehörte ursprünglich zu einem rund 6 kg schweren Stück
Material: Kupfer, wahrscheinlich aus den Ostalpen

Maße: 20, 3 x 10,3 x max. 2,5 cm
Datierung: um 1500 v. Chr

Marmor

Das korinthische Kapitell aus kostspieligem Carrara-Marmor stammt aus dem römischen Aeclanum, einer kleinen Provinzstadt in Süditalien. Es ist ein besonderer Fund in der eher provinziellen Region. Traditionell wurden in Italien Gebäude in einer Holz-Ton-Bauweise errichtet. Erst durch die enger werdenden Kontakte und Handelsbeziehungen nach Griechenland lassen sich ab dem späten 2. Jh. v. Chr. mehr und mehr Steinbauten nachweisen. Doch dieses Kapitell besteht nicht aus dem lokal anstehenden Kalkstein. Vielmehr wurde kostbarer Marmor aus den toskanischen Steinbrüchen bei Carrara importiert. Die Mühen dafür waren immens hoch, denn der Marmor musste über Straßen in diese abgelegene Gegend gebracht werden. Der Aufwand und die Kosten zur Errichtung eines Marmorbaus unterstreichen den hohen ideellen Wert, den die ansässige Bevölkerung dem Gebäude entgegenbrachte. Möglicherweise wurde das Gebäude zu Ehren des neuen Kaisers Augustus als Kaiserkultbau errichtet.

Korinthisches Marmorkapitell, augusteisch | © Christiane Nowak

Angaben zum Objekt:
Objekt: Korinthisches Kapitell aus Carrara-Marmor
Fundort: Aeclanum, Süditalien
Standort: Avellino, Soprintendenz
Material: Marmor
Datierung: augusteisch; ca. 10 v. Chr. – 10. n. Chr.

Zähne

Zähne sind ein biologisches Fenster. Sie enthalten Informationen, die es Forschern erlauben einen genaueren Blick in die Vergangenheit zu werfen um zu untersuchen, wie Menschen und Landschaften interagierten. Diese Zähne stammen aus der wikingerzeitlichen Handelssiedlung Haithabu an der Ostsee, die vom 8. – 11. Jh. das Zentrum eines Handelsnetzes zwischen Nord- und Westeuropa bildete. Anhand der Zähne können Anthropologen Ernährungsgewohnheiten und Stresssituationen aufgrund von Unterernährung und Krankheiten in der frühen Kindheit identifizieren. Handel und Warenaustausch beeinflussten in besonderer Weise die Ernährung und Gesundheit der Menschen in solchen Handelsniederlassungen. Die Zähne zeigen, zu welchen Zeiten wenig Nahrung vorhanden war. Die weißen horizontalen Linien am Zahn sind beispielsweise Indikatoren für eine solche Mangelernährung. Der Import neuer Handelsgüter wie neue Getreide- oder Vieharten als Reaktionen auf Dürrezeiten sorgten für bessere Ernährung, veränderten aber auch gleichzeitig das bestehende Landschaftsgefüge. 

Zähne eines Unterkiefers aus Haithabu | © V. Palmowski

Angaben zum Objekt:
Objekt: Zähne eines Unterkiefers
Fundort: Haithabu, Schleswig-Holstein

Traktoren

Seit den 1920er Jahren fanden Traktoren immer größere Verbreitung in Deutschland. Sie haben die Zugtiere aus der Landwirtschaft weitestgehend verdrängt. Der Deutz D30 war eines der erfolgreichsten Modelle der 1960er Jahre. Er verdrängte, wie schon einige Vorgängermodelle, herkömmliche Gespanne mit Nutztieren, da er wesentlich effizienter arbeitete. Die größeren Produktionskapazitäten mit Landmaschinen führten dazu, dass immer weniger Menschen in der Landwirtschaft beschäftigt wurden und sie aus landwirtschaftlich geprägten Gebieten in städtisch und industriell geprägte Regionen abwanderten. Durch das Bevölkerungswachstum in den Städten, stieg dort der Bedarf an Nahrungsmitteln. Umgekehrt werden in urbanen Zentren Produkte für die landwirtschaftliche Produktion, wie Düngemittel, Pestizide und Maschinen, entwickelt und produziert. Deutsche Beispiele für dieses komplexer werdende Netzwerk sind das Ruhrgebiet mit Leverkusen und Köln (Deutz AG) und landwirtschaftliche Regionen in Niedersachsen.

Deutz D-30 aus dem Jahre 1965 | © T. Rentschler

Angaben zum Objekt:
Objekt: Deutz D-30
Baujahr: 1965

Symbole der Macht – (Un)sichtbare Repräsentation

Höhenlage

Königsstatuen

Befestigung

Symbole der Macht – (Un)sichtbare Repräsentation

Der bronzezeitliche Palast im syrischen Qaṭna symbolisiert sie ebenso wie die Reichskrone in der Wiener Schatzkammer oder ein Hügelgrab auf Gotland: Macht.

Machtverhältnisse strukturieren moderne und vormoderne Gesellschaften. Macht wird demonstriert – in Objekten und Gebäuden, Herrschaftsinsignien oder Waffen. Diese Machtsymbole haben bis heute als Überreste im Boden, als Erwähnungen in historischen Schriften oder in Bildwerken überdauert. Diese Objekte sind Quellen von unschätzbarem Wert, wenn man den Facettenreichtum von Macht und Machthabern in vergangenen Epochen verstehen möchte. Darum geht es dieser Ausstellung: Wie zeigte sich Macht in unterschiedlichen Zeiten und Räumen? Was waren ihre Symbole in Antike und Mittelalter in Westsyrien, Nordeuropa oder auf der Schwäbischen Alb?

Bergfried

Jagd

Entenköpfe

Zepter

Lanzenspitze

Burgmauern

Machtsymbole auf der Schwäbischen Alb

Höhenlage

Kein Berg ohne Burg – so kennt man noch heute die Schwäbische Alb. Schon im 16. Jahrhundert galten den Zeitgenossen die Adelsburgen als etwas Besonderes. So markieren die Burgen Staufeneck und Ramsberg auf Spornen des Rehgebirges im „Filstalpanorama“ von 1534/35 verschiedene Herrschaftsbereiche. Das Landschaftsbild entstand im Zuge eines Streits zwischen der Reichsstadt Ulm und dem Herzogtum Württemberg um Wegerechte im Filstal.

Aber warum die Höhenlage? Sie ermöglichte eine visuelle Aneignung der Landschaft: Durch den Berg stand die Burg weithin sichtbar im Raum. Sie demonstrierte Macht, sowohl militärisch als auch administrativ. In der Burgenforschung wird die Höhenlage auch als Ausdruck des adeligen Standesbewusstseins verstanden: Die Wohnsitze machen die Distanz zwischen den Herrschenden und ihren Untertanen offensichtlich.

© Stadtarchiv Ulm: F 3, Ans. 820: Filstalpanorama

Filstalpanorama | © Stadtarchiv Ulm: F 3, Ans. 820

Angaben zum Objekt:
Objekt: Höhenburgen Staufeneck und Ramsberg auf einem Ausschnitt des Filstalpanoramas von Martin Schaffner
Standort: Stadtarchiv Ulm und Hauptstaatsarchiv Stuttgart
Material: Aquarellierte Tuschezeichnung auf Hadernpapier
Maße: Breite: 353 cm, Höhe: 44 cm
Datierung: 1535

Burgmauern

Burgbelagerungen waren im Mittelalter selten. Der Kampf um Adelsburgen bestand in der Regel aus Überfällen. Oft erfolgte die Übergabe einer Burg auch kampflos nach Drohungen oder als Rechtsgeschäft. Aber als besondere Ereignisse fanden Belagerungen oft den Weg in die Kunst; wie beispielsweise in diese Buchillustrationen im Codex Manesse.

Das Bild aus dem 14. Jahrhundert zeigt die Bedeutung der Burg in einem Kampf: Militärisch relevant war neben der Höhe der Mauern und Türme vor allem die topographische Lage. Durch die Berglage war eine Höhenburg ein guter Schutzort. Sie diente auch als Ausgangs- und Versorgungszentrum für militärische Aktionen im Umland etwa bei einer Fehde. Die Höhenburg war so ein Werkzeug kriegerischer Handlungen für die Burgherren und damit ein Machtinstrument.

© Universitätsbibliothek Heidelberg, "Der Düring", Bl. 229v [https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0454] - CC-BY-SA-3.0

"Der Düring" | © Universitätsbibliothek Heidelberg, Bl. 229v [https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0454] - CC-BY-SA-3.0

Angaben zum Bild:
Objekt: Darstellung einer Burgbelagerung im Codex Manesse
Standort: Universitätsbibliothek Heidelberg
Material: Deckfarbe auf Pergament
Maße: Breite: 25 cm, Höhe: 35 cm
Datierung: 1305 –1340

Lanzenspitze

Ein besonderes und seltenes archäologisches Fundstück stammt von der Hiltenburg bei Bad Ditzenbach im Landkreis Göppingen, Südwestdeutschland. Diese Burg war im späten Mittelalter Herrschafts- und Amtssitz der Grafen von Helfenstein. In einem der beiden Bergfriede der Burg entdeckte die die Kreisarchäologie Göppingen bei Grabungen eine 68 cm lange Lanzenspitze aus Eisen. Sie lag im Brandschutt, der von der Zerstörung der Burg am 9. November 1516 durch Herzog Ulrich von Württemberg zeugt. Die Waffe bewahrten die Grafen von Helfenstein im Turm auf, so dass sie der Plünderung der Burganlage entging und beim Brand mit in die Tiefe stürzte. Die verbogene Spitze bezeugt den Absturz. Vor der Zerstörung der Burg diente die Lanze wie andere ihrer Art als Waffe im Kampf oder wurde bei der Jagd auf Wildschweine und Bären genutzt. Dies zeigen auch Darstellungen im Codex Manesse.

© Katja Bode/Kreisarchäologie Göppingen

Speerspitze | © K. Bode, Kreisarchäologie Göppingen

Angaben zum Objekt:
Objekt: Lanzenspitze
Fundort: Hiltenburg bei Bad Ditzenbach, Lkr. Göppingen, Bergfried im Vorderen Schloss
Standort: Landratsamt Göppingen, Kreisarchäologie
Material: Eisen; Maße: Länge ca. 68 cm
Datierung: 13. – frühes 16. Jahrhundert

Bergfried

Das Idealbild einer mittelalterlichen Adelsburg in Deutschland ist geprägt von einer hohen Mauer mit Zinnen und Wehrgang, einem repräsentativen Wohnbau und einem weit aufragenden Bergfried. Ein Bergfried diente vor allem als Ausguck, in der Regel wurde er nicht bewohnt. Oft beherbergte er wertvolle Objekte und Urkunden und fungierte somit als Schatzkammer einer Burg. Die stattliche Höhe von bis zu 30 Metern machten Bergfriede zu Machtsymbolen der Burgbesitzer.

© Michael Weidenbacher

Bergfried | © M. Weidenbacher

Angaben zum Objekt:
Objekt: Die beiden Bergfriede der Hiltenburg bei Bad Ditzenbach, jetzt als Aussichtsturm und Ausstellungsraum zur Burggeschichte genutzt. Im linken Turm fand man die große Lanzenspitze.
Standort: Lkr. Göppingen

Jagd

Die Buchillustration im Codex Manesse zeigt eine adelige Gesellschaft bei der Jagd auf Wildschweine. Der Adelige zu Pferd und einer seiner Begleiter erlegen das Tier mit ihren Schwertern, nachdem es von zwei Hunden gestellt wurde. Ein weiterer Jäger mit Lanze flüchtete sich auf einen Baum. Die Jagd war ein wichtiger Bestandteil des adeligen Selbstbewusstseins und des höfischen Lebens im mittelalterlichen Deutschland. Sie diente nicht nur dem Fleischkonsum, sondern auch zur Repräsentation der herrschaftlichen Gewalt und der eigenen Leistungsfähigkeit. Durch die Pferde- und Hundehaltung war Jagen sehr kostspielig. Man unterschied zwischen der „Hohen Jagd“ auf Schwarz- und Rotwild und der „Niederen Jagd“ auf Kleintiere wie Hasen und Füchse. Als Jagdwaffen wurden Armbrüste und Lanzen verwendet, aber auch Pfeil und Bogen.

© Universitätsbibliothek Heidelberg, Herr Heinrich Hetzbold von Weißensee, Cod. Pal. germ. 848, Bl. 228r [https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0451] - CC-BY-SA-3.0

Herr Heinrich Hetzbold von Weißensee | © Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. germ. 848, Bl. 228r [https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0451] - CC-BY-SA-3.0

Angaben zum Objekt:
Objekt: Darstellung einer Jagdszene im Codex Manesse
Standort: Universitätsbibliothek Heidelberg
Material: Deckfarbe auf Pergament
Maße: Breite: 25 cm, Höhe: 35 cm
Datierung: 1305 –1340

Machtsymbole im bronzezeitlichen Syrien

Zepter

Zepter als Symbole königlicher Macht gab es nicht nur im europäischen Mittelalter, sondern auch im Alten Orient. Dieses Zepter aus Elfenbein stammt aus dem westsyrischen Fundort Qaṭna. Dort war es zwischen 1500 und 1300 v. Chr. in eine königliche Grabanlage gelangt. Das Machtsymbol Zepter verwies zu Anfang seiner Geschichte (um 3000 v. Chr.) wohl auf eine Art von Hirtenstab, mit dem der König als „guter Hirte“ die gottgewollte Herrschaft über seine Untertanen ausübte.

Das Stück aus Qaṭna hatte man aus insgesamt drei Stücken Nilpferdelfenbein zusammengesetzt. Der ausladende, obere Abschluss des Zepters scheint die papyrusartigen Kapitelle ägyptischer Säulen zu imitieren und ist ein Hinweis auf die regen Kontakte, die sich für das 2. Jahrtausend v. Chr. zwischen Ägypten und Syrien belegen lassen. Gleichfalls deutet eine Vertiefung auf dem Kopf des Zepters an, dass hier ursprünglich ein nun verlorenes Objekt eingelassen war, vielleicht ein Edelstein oder ein kostbarer Aufsatz aus Metall.

P. Frankenstein u. H. Zwietasch, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart.

Zepter | © P. Frankenstein u. H. Zwietasch, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

Angaben zum Objekt:
Objekt: Zepter
Fundort: Qaṭna (Syrien), Königsgruft
Standort: Nationalmuseum Damaskus
Material: Elfenbein (Nilpferd)
Maße: Länge: ca. 33 cm
Datierung: 15./14. Jahrhundert v. Chr. (Späte Bronzezeit)

Das Zepter lag zusammen mit einigen menschlichen Überresten und Gefäßen aus gebranntem Ton in einem Steinsarkophag der königlichen Gruft zu Qaṭna. Dort war es als Beigabe für ein verstorbenes Mitglied der lokalen Herrscherfamilie hineingelangt. Die Aufnahme zeigt die Position des hellgrauen Sarkophags in der zentralen Grabkammer der Gruft. Hier befanden sich neben Steinbänken mit Essgeschirr, das mit dem kultischen Mahl der Totengeister in Verbindung zu bringen ist, auch zahlreiche prestigeträchtige Steingefäße und Schmuckobjekte.

 

Mehr Informationen zum Qaṭna-Projekt

K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen.

Gruft | © K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen

Königstatuen

Die beiden rund 85 cm hohen Statuen stellen das ideale Erscheinungsbild eines altsyrischen Königs dar. Gut erkennbar sind der die Schultern umfassende Saum des syrischen „Wulstmantels“ sowie eine erhabene, durch ein Band fixierte Frisur. Ein gepflegter Bart umgibt Wangen und Kinn. Diese Art der Darstellung war ausschließlich Königen und Göttern vorbehalten. Die beiden Figuren aus Basalt, einem grauen und äußerst harten Vulkangestein, befanden sich ursprünglich jeweils links und rechts des Eingangs in die Königsgruft von Qaṭna. Erhaben thronten die Herrscher aus Stein vor der Grablege, bis ein Brand den Palast zerstörte und sie unter Tonnen von Gestein und Lehmziegelschutt begrub.

K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen.

Königsstatuen | © K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen

Angaben zum Objekt:
Objekt: 2 Königsstatuen
Fundort: Qaṭna (Syrien), am Eingang zur Königsgruft
Standort: Museum Homs
Material: Basalt (Vulkangestein)
Maße: Höhe: ca. 85 cm, max. Breite: 29 cm, max. Länge: 32 cm
Datierung: hergestellt im 18. Jahrhundert v. Chr. (Mittlere Bronzezeit)

 

Der Brand stellt aus heutiger Sicht einen Glücksfall dar: Durch die plötzliche Katastrophe erhielten sich sowohl die Anordnung der Sitzbilder als auch die vor den Figuren abgestellten Tongefäße. Der Kopf der linken Statue war über einigen Schalen mit Speiseresten zum Liegen gekommen. Zeitgenössischen Quellen geben an, dass die Speisen als Opfergaben für verstorbene Könige gedacht waren. Diese Opfer geschahen aus familiären wie religiösen Gründen, doch waren sie darüber hinaus auch wichtige Legitimationsmittel. Indem der amtierende König seinen verblichenen Vorgängern huldigte, stellte er sich symbolisch in die lange Reihe einer (vermeintlich) ungebrochenen Abfolge ehrwürdiger Ahnen. Das hohe Alter der beiden Basaltstatuen, sie waren einige Jahrhunderte vor ihrer letzten Verehrung um 1340 v. Chr. hergestellt worden, dürfte dieser Idee von der Rechtmäßigkeit aufgrund althergebrachter Zustände mit Sicherheit zuträglich gewesen sein.

 

Mehr Informationen zum Qaṭna-Projekt

K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen.

Beschädigte Königsstatue | © K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen

Entenköpfe

Macht lässt sich vielgestaltig präsentieren, wobei es nicht immer auf schiere Größe ankommt: Obwohl das hier gezeigte, goldene Ornament in der Gestalt zweier Entenköpfe kaum mehr als 7 cm misst, übermittelt es dennoch eine klare Botschaft von politischer wie wirtschaftlicher Macht. Zum einen gelingt dies über das schon damals sehr teure Edelmetall Gold. Zum anderen verweist das Gesicht der ägyptischen Muttergottheit Hathor zwischen den Entenköpfen auf Handelskontakte mit dem mächtigen Nachbarn Ägypten. Desweiteren sind es die beeindruckenden Details des Stücks, wie etwa die naturnahe Ausführung der Entenschnäbel und Federn. Sie zeugen von kunsthandwerklicher Präzisionsarbeit, wie sie sich, mit Ausnahme der spätbronzezeitlichen Könige, kaum jemand leisten konnte.

P. Frankenstein u. H. Zwietasch, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart.

Entenköpfe | © P. Frankenstein u. H. Zwietasch, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

Angaben zum Objekt:
Objekt: Griff(?) in Form zweier Entenköpfe, dazwischen ein Hathorkopf
Fundort: Qaṭna (Syrien), Königsgruft
Standort: Nationalmuseum Damaskus
Material: Gold
Größe: max. horizontale Länge: ca. 7 cm
Datierung: 15./14. Jahrhundert v. Chr. (Späte Bronzezeit)

 

Da die goldenen Entenköpfe aus Westsyrien im altorientalischen Fundgut bislang ohne direkte Parallelen sind, lassen sich über ihre Funktion nur Vermutungen anstellen. Schminkgefäße mit Entenköpfen sind aus Syrien und Ägypten bekannt, doch bestanden diese üblicherweise aus anderen Materialien, wie Elfenbein. Weiterhin besaßen derartige Gefäße jeweils nur einen Entenkopf, nicht zwei. Als unbestritten darf aber gelten, dass das Ornament Teil eines größeren Objekts war und diesem vermutlich als Griff oder Zierrat diente. Hierauf verweisen die Zapfen an den Hälsen der Entenköpfe. Insbesondere der hier abgebildete, schlüsselartige Zapfen verdeutlicht, wie dieser in einer entsprechenden Vorrichtung zur Befestigung des Griffs gedient hat. Die nunmehr leeren Augenhöhlen der Enten dürften einst mit kostbaren Steinen eingelegt gewesen sein.

 

Mehr Informationen zum Qaṭna-Projekt

K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen.

Nahaufnahme des Entenkopfes | © K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen

Symbole der Macht in Nordeuropa

Befestigung

Haithabu – Schleisiedlung, Fernhandelszentrum, Schauplatz der Macht. All diese Titel trägt der Ort zurecht: Die günstige Lage zwischen Nord- und Ostsee im heutigen Schleswig-Holstein machte Haithabu zu einer der reichsten frühmittelalterlichen Siedlungen Nordeuropas.

Seinen Reichtum erlangte Haithabu insbesondere durch Händler, welche die gefährliche Umschiffung der Cimbrischen Halbinsel meiden wollten. Sie wählten daher den ca. 40 km ins Landesinnere schiffbaren Weg über die Schlei, der sie direkt zum als Warenumschlagsplatz genutzten Hafen führte. Die Kontrolle dieses wichtigen Handelswegs – und damit Haithabus – bot Zugriff auf eine enorme wirtschaftliche Macht. Zusätzlich verlieh die Position nahe der Grenze zwischen Dänischem und Fränkischem Reich der Siedlung eine militärische und strategische Schlüsselfunktion.

In der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts ließ der dänische Herrscher Harald Blauzahn aus diesen Gründen einen Halbkreiswall um die Siedlung errichten. Die aufwendige Wallkonstruktion, einst Garant für den Machterhalt des dänischen Herrschers, strukturiert das Gelände bis heute und erinnert an die Bedeutung Haithabus.

© Valerie Palmowski

Wall | © V. Palmowski

Angaben zum Objekt:
Objekt: Halbkreiswall von Haithabu (Stadtbefestigung) mit Blick auf das Haddebyer Noor
Fundort: Haithabu, ca. 6 km südlich der heutigen Stadt Schleswig
Material: Erdwallkonstruktion
Maße: Höhe 4-5 m und Breite 5-10 m, Länge 1,3 km (bis heute erhaltene Bausubstanz), eingeschlossene Fläche 24 ha
Datierung: 950-1000 AD

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