Symbole der Macht – (Un)sichtbare Repräsentation

Höhenlage

Königsstatuen

Befestigung

Symbole der Macht – (Un)sichtbare Repräsentation

Der bronzezeitliche Palast im syrischen Qaṭna symbolisiert sie ebenso wie die Reichskrone in der Wiener Schatzkammer oder ein Hügelgrab auf Gotland: Macht.

Machtverhältnisse strukturieren moderne und vormoderne Gesellschaften. Macht wird demonstriert – in Objekten und Gebäuden, Herrschaftsinsignien oder Waffen. Diese Machtsymbole haben bis heute als Überreste im Boden, als Erwähnungen in historischen Schriften oder in Bildwerken überdauert. Diese Objekte sind Quellen von unschätzbarem Wert, wenn man den Facettenreichtum von Macht und Machthabern in vergangenen Epochen verstehen möchte. Darum geht es dieser Ausstellung: Wie zeigte sich Macht in unterschiedlichen Zeiten und Räumen? Was waren ihre Symbole in Antike und Mittelalter in Westsyrien, Nordeuropa oder auf der Schwäbischen Alb?

Bergfried

Jagd

Entenköpfe

Zepter

Lanzenspitze

Burgmauern

Machtsymbole auf der Schwäbischen Alb

Höhenlage

Kein Berg ohne Burg – so kennt man noch heute die Schwäbische Alb. Schon im 16. Jahrhundert galten den Zeitgenossen die Adelsburgen als etwas Besonderes. So markieren die Burgen Staufeneck und Ramsberg auf Spornen des Rehgebirges im „Filstalpanorama“ von 1534/35 verschiedene Herrschaftsbereiche. Das Landschaftsbild entstand im Zuge eines Streits zwischen der Reichsstadt Ulm und dem Herzogtum Württemberg um Wegerechte im Filstal.

Aber warum die Höhenlage? Sie ermöglichte eine visuelle Aneignung der Landschaft: Durch den Berg stand die Burg weithin sichtbar im Raum. Sie demonstrierte Macht, sowohl militärisch als auch administrativ. In der Burgenforschung wird die Höhenlage auch als Ausdruck des adeligen Standesbewusstseins verstanden: Die Wohnsitze machen die Distanz zwischen den Herrschenden und ihren Untertanen offensichtlich.

© Stadtarchiv Ulm: F 3, Ans. 820: Filstalpanorama

Filstalpanorama | © Stadtarchiv Ulm: F 3, Ans. 820

Angaben zum Objekt:
Objekt: Höhenburgen Staufeneck und Ramsberg auf einem Ausschnitt des Filstalpanoramas von Martin Schaffner
Standort: Stadtarchiv Ulm und Hauptstaatsarchiv Stuttgart
Material: Aquarellierte Tuschezeichnung auf Hadernpapier
Maße: Breite: 353 cm, Höhe: 44 cm
Datierung: 1535

Burgmauern

Burgbelagerungen waren im Mittelalter selten. Der Kampf um Adelsburgen bestand in der Regel aus Überfällen. Oft erfolgte die Übergabe einer Burg auch kampflos nach Drohungen oder als Rechtsgeschäft. Aber als besondere Ereignisse fanden Belagerungen oft den Weg in die Kunst; wie beispielsweise in diese Buchillustrationen im Codex Manesse.

Das Bild aus dem 14. Jahrhundert zeigt die Bedeutung der Burg in einem Kampf: Militärisch relevant war neben der Höhe der Mauern und Türme vor allem die topographische Lage. Durch die Berglage war eine Höhenburg ein guter Schutzort. Sie diente auch als Ausgangs- und Versorgungszentrum für militärische Aktionen im Umland etwa bei einer Fehde. Die Höhenburg war so ein Werkzeug kriegerischer Handlungen für die Burgherren und damit ein Machtinstrument.

© Universitätsbibliothek Heidelberg, "Der Düring", Bl. 229v [https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0454] - CC-BY-SA-3.0

"Der Düring" | © Universitätsbibliothek Heidelberg, Bl. 229v [https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0454] - CC-BY-SA-3.0

Angaben zum Bild:
Objekt: Darstellung einer Burgbelagerung im Codex Manesse
Standort: Universitätsbibliothek Heidelberg
Material: Deckfarbe auf Pergament
Maße: Breite: 25 cm, Höhe: 35 cm
Datierung: 1305 –1340

Lanzenspitze

Ein besonderes und seltenes archäologisches Fundstück stammt von der Hiltenburg bei Bad Ditzenbach im Landkreis Göppingen, Südwestdeutschland. Diese Burg war im späten Mittelalter Herrschafts- und Amtssitz der Grafen von Helfenstein. In einem der beiden Bergfriede der Burg entdeckte die die Kreisarchäologie Göppingen bei Grabungen eine 68 cm lange Lanzenspitze aus Eisen. Sie lag im Brandschutt, der von der Zerstörung der Burg am 9. November 1516 durch Herzog Ulrich von Württemberg zeugt. Die Waffe bewahrten die Grafen von Helfenstein im Turm auf, so dass sie der Plünderung der Burganlage entging und beim Brand mit in die Tiefe stürzte. Die verbogene Spitze bezeugt den Absturz. Vor der Zerstörung der Burg diente die Lanze wie andere ihrer Art als Waffe im Kampf oder wurde bei der Jagd auf Wildschweine und Bären genutzt. Dies zeigen auch Darstellungen im Codex Manesse.

© Katja Bode/Kreisarchäologie Göppingen

Speerspitze | © K. Bode, Kreisarchäologie Göppingen

Angaben zum Objekt:
Objekt: Lanzenspitze
Fundort: Hiltenburg bei Bad Ditzenbach, Lkr. Göppingen, Bergfried im Vorderen Schloss
Standort: Landratsamt Göppingen, Kreisarchäologie
Material: Eisen; Maße: Länge ca. 68 cm
Datierung: 13. – frühes 16. Jahrhundert

Bergfried

Das Idealbild einer mittelalterlichen Adelsburg in Deutschland ist geprägt von einer hohen Mauer mit Zinnen und Wehrgang, einem repräsentativen Wohnbau und einem weit aufragenden Bergfried. Ein Bergfried diente vor allem als Ausguck, in der Regel wurde er nicht bewohnt. Oft beherbergte er wertvolle Objekte und Urkunden und fungierte somit als Schatzkammer einer Burg. Die stattliche Höhe von bis zu 30 Metern machten Bergfriede zu Machtsymbolen der Burgbesitzer.

© Michael Weidenbacher

Bergfried | © M. Weidenbacher

Angaben zum Objekt:
Objekt: Die beiden Bergfriede der Hiltenburg bei Bad Ditzenbach, jetzt als Aussichtsturm und Ausstellungsraum zur Burggeschichte genutzt. Im linken Turm fand man die große Lanzenspitze.
Standort: Lkr. Göppingen

Jagd

Die Buchillustration im Codex Manesse zeigt eine adelige Gesellschaft bei der Jagd auf Wildschweine. Der Adelige zu Pferd und einer seiner Begleiter erlegen das Tier mit ihren Schwertern, nachdem es von zwei Hunden gestellt wurde. Ein weiterer Jäger mit Lanze flüchtete sich auf einen Baum. Die Jagd war ein wichtiger Bestandteil des adeligen Selbstbewusstseins und des höfischen Lebens im mittelalterlichen Deutschland. Sie diente nicht nur dem Fleischkonsum, sondern auch zur Repräsentation der herrschaftlichen Gewalt und der eigenen Leistungsfähigkeit. Durch die Pferde- und Hundehaltung war Jagen sehr kostspielig. Man unterschied zwischen der „Hohen Jagd“ auf Schwarz- und Rotwild und der „Niederen Jagd“ auf Kleintiere wie Hasen und Füchse. Als Jagdwaffen wurden Armbrüste und Lanzen verwendet, aber auch Pfeil und Bogen.

© Universitätsbibliothek Heidelberg, Herr Heinrich Hetzbold von Weißensee, Cod. Pal. germ. 848, Bl. 228r [https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0451] - CC-BY-SA-3.0

Herr Heinrich Hetzbold von Weißensee | © Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. germ. 848, Bl. 228r [https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0451] - CC-BY-SA-3.0

Angaben zum Objekt:
Objekt: Darstellung einer Jagdszene im Codex Manesse
Standort: Universitätsbibliothek Heidelberg
Material: Deckfarbe auf Pergament
Maße: Breite: 25 cm, Höhe: 35 cm
Datierung: 1305 –1340

Machtsymbole im bronzezeitlichen Syrien

Zepter

Zepter als Symbole königlicher Macht gab es nicht nur im europäischen Mittelalter, sondern auch im Alten Orient. Dieses Zepter aus Elfenbein stammt aus dem westsyrischen Fundort Qaṭna. Dort war es zwischen 1500 und 1300 v. Chr. in eine königliche Grabanlage gelangt. Das Machtsymbol Zepter verwies zu Anfang seiner Geschichte (um 3000 v. Chr.) wohl auf eine Art von Hirtenstab, mit dem der König als „guter Hirte“ die gottgewollte Herrschaft über seine Untertanen ausübte.

Das Stück aus Qaṭna hatte man aus insgesamt drei Stücken Nilpferdelfenbein zusammengesetzt. Der ausladende, obere Abschluss des Zepters scheint die papyrusartigen Kapitelle ägyptischer Säulen zu imitieren und ist ein Hinweis auf die regen Kontakte, die sich für das 2. Jahrtausend v. Chr. zwischen Ägypten und Syrien belegen lassen. Gleichfalls deutet eine Vertiefung auf dem Kopf des Zepters an, dass hier ursprünglich ein nun verlorenes Objekt eingelassen war, vielleicht ein Edelstein oder ein kostbarer Aufsatz aus Metall.

P. Frankenstein u. H. Zwietasch, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart.

Zepter | © P. Frankenstein u. H. Zwietasch, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

Angaben zum Objekt:
Objekt: Zepter
Fundort: Qaṭna (Syrien), Königsgruft
Standort: Nationalmuseum Damaskus
Material: Elfenbein (Nilpferd)
Maße: Länge: ca. 33 cm
Datierung: 15./14. Jahrhundert v. Chr. (Späte Bronzezeit)

Das Zepter lag zusammen mit einigen menschlichen Überresten und Gefäßen aus gebranntem Ton in einem Steinsarkophag der königlichen Gruft zu Qaṭna. Dort war es als Beigabe für ein verstorbenes Mitglied der lokalen Herrscherfamilie hineingelangt. Die Aufnahme zeigt die Position des hellgrauen Sarkophags in der zentralen Grabkammer der Gruft. Hier befanden sich neben Steinbänken mit Essgeschirr, das mit dem kultischen Mahl der Totengeister in Verbindung zu bringen ist, auch zahlreiche prestigeträchtige Steingefäße und Schmuckobjekte.

 

Mehr Informationen zum Qaṭna-Projekt

K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen.

Gruft | © K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen

Königstatuen

Die beiden rund 85 cm hohen Statuen stellen das ideale Erscheinungsbild eines altsyrischen Königs dar. Gut erkennbar sind der die Schultern umfassende Saum des syrischen „Wulstmantels“ sowie eine erhabene, durch ein Band fixierte Frisur. Ein gepflegter Bart umgibt Wangen und Kinn. Diese Art der Darstellung war ausschließlich Königen und Göttern vorbehalten. Die beiden Figuren aus Basalt, einem grauen und äußerst harten Vulkangestein, befanden sich ursprünglich jeweils links und rechts des Eingangs in die Königsgruft von Qaṭna. Erhaben thronten die Herrscher aus Stein vor der Grablege, bis ein Brand den Palast zerstörte und sie unter Tonnen von Gestein und Lehmziegelschutt begrub.

K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen.

Königsstatuen | © K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen

Angaben zum Objekt:
Objekt: 2 Königsstatuen
Fundort: Qaṭna (Syrien), am Eingang zur Königsgruft
Standort: Museum Homs
Material: Basalt (Vulkangestein)
Maße: Höhe: ca. 85 cm, max. Breite: 29 cm, max. Länge: 32 cm
Datierung: hergestellt im 18. Jahrhundert v. Chr. (Mittlere Bronzezeit)

 

Der Brand stellt aus heutiger Sicht einen Glücksfall dar: Durch die plötzliche Katastrophe erhielten sich sowohl die Anordnung der Sitzbilder als auch die vor den Figuren abgestellten Tongefäße. Der Kopf der linken Statue war über einigen Schalen mit Speiseresten zum Liegen gekommen. Zeitgenössischen Quellen geben an, dass die Speisen als Opfergaben für verstorbene Könige gedacht waren. Diese Opfer geschahen aus familiären wie religiösen Gründen, doch waren sie darüber hinaus auch wichtige Legitimationsmittel. Indem der amtierende König seinen verblichenen Vorgängern huldigte, stellte er sich symbolisch in die lange Reihe einer (vermeintlich) ungebrochenen Abfolge ehrwürdiger Ahnen. Das hohe Alter der beiden Basaltstatuen, sie waren einige Jahrhunderte vor ihrer letzten Verehrung um 1340 v. Chr. hergestellt worden, dürfte dieser Idee von der Rechtmäßigkeit aufgrund althergebrachter Zustände mit Sicherheit zuträglich gewesen sein.

 

Mehr Informationen zum Qaṭna-Projekt

K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen.

Beschädigte Königsstatue | © K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen

Entenköpfe

Macht lässt sich vielgestaltig präsentieren, wobei es nicht immer auf schiere Größe ankommt: Obwohl das hier gezeigte, goldene Ornament in der Gestalt zweier Entenköpfe kaum mehr als 7 cm misst, übermittelt es dennoch eine klare Botschaft von politischer wie wirtschaftlicher Macht. Zum einen gelingt dies über das schon damals sehr teure Edelmetall Gold. Zum anderen verweist das Gesicht der ägyptischen Muttergottheit Hathor zwischen den Entenköpfen auf Handelskontakte mit dem mächtigen Nachbarn Ägypten. Desweiteren sind es die beeindruckenden Details des Stücks, wie etwa die naturnahe Ausführung der Entenschnäbel und Federn. Sie zeugen von kunsthandwerklicher Präzisionsarbeit, wie sie sich, mit Ausnahme der spätbronzezeitlichen Könige, kaum jemand leisten konnte.

P. Frankenstein u. H. Zwietasch, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart.

Entenköpfe | © P. Frankenstein u. H. Zwietasch, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

Angaben zum Objekt:
Objekt: Griff(?) in Form zweier Entenköpfe, dazwischen ein Hathorkopf
Fundort: Qaṭna (Syrien), Königsgruft
Standort: Nationalmuseum Damaskus
Material: Gold
Größe: max. horizontale Länge: ca. 7 cm
Datierung: 15./14. Jahrhundert v. Chr. (Späte Bronzezeit)

 

Da die goldenen Entenköpfe aus Westsyrien im altorientalischen Fundgut bislang ohne direkte Parallelen sind, lassen sich über ihre Funktion nur Vermutungen anstellen. Schminkgefäße mit Entenköpfen sind aus Syrien und Ägypten bekannt, doch bestanden diese üblicherweise aus anderen Materialien, wie Elfenbein. Weiterhin besaßen derartige Gefäße jeweils nur einen Entenkopf, nicht zwei. Als unbestritten darf aber gelten, dass das Ornament Teil eines größeren Objekts war und diesem vermutlich als Griff oder Zierrat diente. Hierauf verweisen die Zapfen an den Hälsen der Entenköpfe. Insbesondere der hier abgebildete, schlüsselartige Zapfen verdeutlicht, wie dieser in einer entsprechenden Vorrichtung zur Befestigung des Griffs gedient hat. Die nunmehr leeren Augenhöhlen der Enten dürften einst mit kostbaren Steinen eingelegt gewesen sein.

 

Mehr Informationen zum Qaṭna-Projekt

K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen.

Nahaufnahme des Entenkopfes | © K. Wita, Qaṭna-Projekt, Universität Tübingen

Symbole der Macht in Nordeuropa

Befestigung

Haithabu – Schleisiedlung, Fernhandelszentrum, Schauplatz der Macht. All diese Titel trägt der Ort zurecht: Die günstige Lage zwischen Nord- und Ostsee im heutigen Schleswig-Holstein machte Haithabu zu einer der reichsten frühmittelalterlichen Siedlungen Nordeuropas.

Seinen Reichtum erlangte Haithabu insbesondere durch Händler, welche die gefährliche Umschiffung der Cimbrischen Halbinsel meiden wollten. Sie wählten daher den ca. 40 km ins Landesinnere schiffbaren Weg über die Schlei, der sie direkt zum als Warenumschlagsplatz genutzten Hafen führte. Die Kontrolle dieses wichtigen Handelswegs – und damit Haithabus – bot Zugriff auf eine enorme wirtschaftliche Macht. Zusätzlich verlieh die Position nahe der Grenze zwischen Dänischem und Fränkischem Reich der Siedlung eine militärische und strategische Schlüsselfunktion.

In der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts ließ der dänische Herrscher Harald Blauzahn aus diesen Gründen einen Halbkreiswall um die Siedlung errichten. Die aufwendige Wallkonstruktion, einst Garant für den Machterhalt des dänischen Herrschers, strukturiert das Gelände bis heute und erinnert an die Bedeutung Haithabus.

© Valerie Palmowski

Wall | © V. Palmowski

Angaben zum Objekt:
Objekt: Halbkreiswall von Haithabu (Stadtbefestigung) mit Blick auf das Haddebyer Noor
Fundort: Haithabu, ca. 6 km südlich der heutigen Stadt Schleswig
Material: Erdwallkonstruktion
Maße: Höhe 4-5 m und Breite 5-10 m, Länge 1,3 km (bis heute erhaltene Bausubstanz), eingeschlossene Fläche 24 ha
Datierung: 950-1000 AD

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